🇨🇭 Der Schweizer Crowdfunding-Markt hat sich zu einem bedeutenden Teil des alternativen Finanzsystems entwickelt und bietet neue Möglichkeiten für Kleinanleger. Dieser Bericht erläutert die Crowdfunding-Landschaft in der Schweiz und geht auf Marktgröße, Wachstumstrends, regulatorische Vorschriften und die wichtigsten Plattformen für Kleinanleger ein. Im Jahr 2024 wurden in der Schweiz durch Crowdfunding (einschliesslich Krediten und Eigenkapital) Projekte im Wert von rund 550 Millionen Franken finanziert. Bemerkenswert ist, dass rund 280'000 in der Schweiz wohnhafte Personen in diesem Jahr mindestens eine Kampagne unterstützten, was das wachsende öffentliche Interesse unterstreicht.
Wir werden die wichtigsten Segmente - von Crowdlending (kreditbasiert) und Equity/Crowdinvesting (oft Immobilien) bis hin zu Reward- und Donation-Crowdfunding - detailliert beschreiben und die wichtigsten Plattformen in jedem Bereich vorstellen. Die Leser erfahren, wie Crowdfunding in der Schweiz funktioniert, warum es für Investoren wichtig ist und welche Plattformen in den einzelnen Nischen führend sind (z. B. P2P-Kredite, Immobilienaktien, Projekte im Bereich erneuerbare Energien usw.).
Schweizer Crowdfunding Allgemeiner Überblick
Der Schweizer Crowdfunding-Markt ist relativ klein, aber reif. Nach einem raschen Wachstum auf CHF 791,8 Mio. im Jahr 2021 sank das Volumen auf CHF 662,2 Mio. im Jahr 2022 und stabilisierte sich 2024 bei rund CHF 550 Mio. Mitte 2025 gab es in der Schweiz insgesamt 38 Crowdfunding-Plattformen (23 mit aktiver Finanzierung). Im Jahr 2024 schieden drei Plattformen aus (GoBeyond, Neocredit, Yeswefarm), während zwei neue entstanden (Imvesters für Immobilien und Solarify für Solarprojekte)f. Trotz dieser Stagnation des Volumens steigt das Engagement im Crowdfunding: ~280.000 Personen unterstützten 2024 Kampagnen, ein Anstieg um 40 % gegenüber 2023, was ein starkes Interesse der Privatkunden zeigt.
Der Bereich Crowdlending (Darlehen) dominiert. Auf ihn entfielen 2024 mehr als drei Viertel des Volumens (CHF 406,1 Mio., +2% YoY)f. Die über Plattformen finanzierten Unternehmenskredite erreichten CHF 133,6 Mio. (stabil) und die Konsumkredite CHF 73,1 Mio. (+19%). Dagegen beliefen sich die Immobilienkredite (über Plattformen wie Swisspeers und Cashare) auf CHF 199,4 Mio. (-2%). Aktienbasierte Investitionen ("Crowdinvesting") beliefen sich auf CHF 117,1 Mio. (-10,9% gegenüber dem Vorjahr) aus 78 Kampagnen. Auffallend ist, dass Immobilienprojekte mit CHF 99,5 Mio. oder 85% aller Crowdinvesting-Kampagnen an der Spitze stehen. Kurz gesagt, das Schweizer Crowdfunding wird von Kreditplattformen (für Unternehmen und Verbraucher) und von Immobilienbeteiligungsangeboten angetrieben, mit geringeren Volumina bei Startup-Beteiligungen, kreativen Projekten und Nischenprojekten. Zu den wichtigsten Sektoren gehören die Entwicklung von Immobilien, die Expansion von KMU, Verbraucherkredite und wachsende Projekte im Bereich der grünen Energie.
Regulatorisches Umfeld & Verbände
Crowdfunding wird in der Schweiz durch das allgemeine Finanzrecht geregelt (kein eigenständiges Gesetz). Die Plattformen werden von der FINMA beaufsichtigt und müssen das Schweizer Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG), das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) und die AML-Vorschriften einhalten. In der Praxis hängt die Bewilligung vom jeweiligen Modell ab:
Alle Plattformen, die Wertpapiere oder Anlageberatung anbieten, müssen die FIDLEG-Kundenvorschriften (Sorgfaltspflicht, Offenlegung) einhalten. So ist beispielsweise für ein Aktienangebot an viele Anleger in der Regel ein öffentlicher Prospekt erforderlich, es sei denn, es handelt sich um ein kleines Angebot (z.B. <500 Anleger oder <CHF8 Mio.). Plattformbetreiber lassen sich ihren Status häufig durch ein "No-Objection"-Schreiben der FINMA bestätigen. Die Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäscherei (GwG) gelten auch, wenn Gelder gehalten werden.
Die Schweiz fällt nicht unter das ECSP-Regime der EU (das Crowdfunding Service Providers-Gesetz von 2020), so dass sie sich auf die nationalen Vorschriften stützt. Um sich in dieser Landschaft zurechtzufinden, sind viele Schweizer Plattformen der Swiss Crowdfunding Association (SCA) beigetreten, die bewährte Praktiken und die Ausbildung in der Branche fördert. Im Jahr 2025 zählte die SCA etwa 6 Mitgliedsplattformen (einschließlich Spenden- und Aktienseiten), die zusammenarbeiten, um Investoren und Geldbeschaffer in der Schweiz zu unterstützen.
Equity Crowdfunding (Startups & KMU) in der Schweiz
MitEquity Crowdfunding können Investoren Anteile (oder Gewinnanteile) an Unternehmen in der Frühphase erwerben. In der Schweiz wächst dieses Segment, bleibt aber bescheiden (abgesehen von Immobilien, die wir separat behandeln). Es wird hauptsächlich von innovativen Start-ups und kleinen Unternehmen genutzt, die Risikokapital benötigen. Zu den wichtigsten Schweizer Beteiligungsplattformen gehören:
Andere Beispiele: GoBeyond Investing (in ganz Europa, einschließlich Schweizer Start-ups) half bei der Beschaffung von 27 Mio. € für KMU-Kapital. Viele Schweizer Banken und Verbände (wie SECA) fördern ebenfalls Equity Crowdfunding für Hightech- und Biotech-Unternehmen.
Tendenzen: Das Schweizer Equity-Crowdfunding ist streng reguliert. Die Plattformen müssen die Investoren klassifizieren und verlassen sich oft auf die Ausnahmeregelung für kleine Angebote (max. 8 Mio. CHF), um die vollständigen Prospektvorschriften zu umgehen. Aufgrund dieser Beschränkungen sind die Transaktionen in der Regel kleiner als in größeren Märkten. Die Mindestinvestitionen variieren stark: Einige Start-ups akzeptieren einige hundert CHF, während für größere Transaktionen 10.000 CHF und mehr erforderlich sein können. Insgesamt bieten Beteiligungsplattformen Schweizer Anlegern die Möglichkeit, lokale Innovationen mit potenziell hohen Renditen (und hohen Risiken) in den Bereichen Technologie, Gesundheit und Umwelt zu unterstützen.
Immobilien-Crowdfunding in der Schweiz
Immobilien-Crowdfunding (Crowdinvesting in Immobilien) ist eine der stärksten Nischen in der Schweiz. Dabei können Privatpersonen Geld zusammenlegen, um Immobilienprojekte zu kaufen oder zu entwickeln. Im Jahr 2024 dominierten die Immobiliengeschäfte das Schweizer Crowdinvesting (85% von 117 Mio. CHF). Zu den wichtigsten Plattformen gehören:
Große Schweizer Banken (z. B. Credit Suisse oder Raiffeisen) haben ebenfalls mit Crowdfunding-Anleihen für Immobilien experimentiert. In der Praxis verlangen die meisten Schweizer Immobilienplattformen nach wie vor ein beträchtliches Kapital - oft einen Mindestbetrag von 25.000 bis 100.000 CHF - und richten sich daher an vermögende Kleinanleger oder semiprofessionelle Investoren. Die Rendite wird über Mieteinnahmen oder Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien erzielt. Viele Schweizer Immobilienplattformen nutzen Treuhandbanken und erfüllen die FINMA-Vorschriften für Wertpapierangebote.
Crowdlending / KMU-Kredite in der Schweiz
Crowdlending (debt crowdfunding) für KMU und Unternehmen ist sehr aktiv. Bei diesem Modell leihen viele Investoren gemeinsam Geld (mit Zinsen) an Schweizer Unternehmen aus. Zu den wichtigsten Schweizer Plattformen für Unternehmenskredite gehören:
Diese Plattformen zeichnen in der Regel jeden Kredit einzeln, so dass die Anleger über viele Kredite diversifizieren können. Im Jahr 2024 beliefen sich die Crowdlending-Kredite für Unternehmen in der Schweiz auf 133,6 Mio. CHF. Die durchschnittlichen Zinssätze variieren je nach Risiko, in der Regel 4-8%. Die Kreditnehmer nutzen diese Finanzierungen für Expansionen, neue Anlagen oder Überbrückungskapital. Viele dieser Plattformen arbeiten per Gesetz als Vermittler mit Partnerbanken zusammen und müssen die FINMA-Richtlinien für die Kreditvermittlung einhalten. Insgesamt bietet Crowdlending Schweizer Privatanlegern eine renditestärkere (und risikoreichere) Alternative zu Bankeinlagen und ermöglicht KMU den Zugang zu Marktfinanzierungen, ohne dass sie sich an Grossbanken wenden müssen.
Peer-to-Peer Lending (private Kreditnehmer) in der Schweiz
DieP2P-Kreditvergabe (Peer-to-Peer) an Privatpersonen ähnelt dem Crowdlending, allerdings für Konsumentenkredite. Schweizer Beispiele sind:
Das P2P-Segment wuchs im Jahr 2024 auf 73,1 Mio. CHF (+19%)f. Es ist nach wie vor nur ein kleiner Teil des Schweizer Kreditgeschäfts, bietet aber Kleinanlegern Zugang zu verschiedenen Privatkrediten. Es gilt die übliche Kreditnehmerprüfung (Bonitätsprüfung), und die Plattformen verlangen oft nur geringe Anforderungen an die Kreditnehmer. Anleger sollten beachten, dass diese Kredite ungesichert sind und ein Ausfallrisiko bergen, weshalb eine Diversifizierung wichtig ist. Nichtsdestotrotz bieten viele Schweizer P2P-Kreditgeber Auto-Investment-Tools oder Rückkaufgarantien an, um kleineren Investoren die Teilnahme zu erleichtern.
Spenden-Crowdfunding in der Schweiz
Beim Spenden-Crowdfunding in der Schweiz geht es um die Beschaffung von Geldern ohne finanzielle Gegenleistung - typischerweise für Wohltätigkeitsorganisationen, Gemeinschaftsprojekte oder persönliche Zwecke. Zu den bekanntesten Plattformen gehören:
Im Allgemeinen zielen die Spendenplattformen in der Schweiz auf die Finanzierung von Gemeinschaften und Wohltätigkeitsorganisationen ab. Sie erheben keine oder nur geringe Plattformgebühren. Typische Schweizer Kampagnen umfassen Wohltätigkeitsläufe, kommunale Projekte (Parkbänke, Bibliotheken), Schulbedarf oder sogar kleine persönliche Notfälle (Arztrechnungen usw.). Obwohl sie keine Investitionsrendite bieten, kann Spenden-Crowdfunding eine einfache Möglichkeit für Schweizer Bürger sein, Anliegen zu unterstützen und für Organisatoren, die Öffentlichkeit zu erreichen (oft über soziale Medien).
Belohnungsbasiertes Crowdfunding in der Schweiz
Beim Reward-Crowdfunding (oder "Pre-Sale"-Crowdfunding) finanzieren die Geldgeber ein Projekt im Austausch gegen ein Produkt oder eine Vergünstigung (keine Beteiligung). In der Schweiz nutzen viele Kreative und Tech-Unternehmer globale Plattformen:
Typische Belohnungsprojekte in der Schweiz sind technische Prototypen (Gadgets, Apps), Kunstfilme, Brettspiele und kulturelle Veranstaltungen. Ein Schweizer Tech-Startup könnte beispielsweise eine Frühfinanzierung erhalten, indem es sein Gerät den Crowdfunding-Unterstützern mit einem Rabatt anbietet. Die Plattformgebühren variieren (~5-10%). Aus der Sicht eines Investors ist Reward-Crowdfunding eher wie ein Vorabkauf - man unterstützt eine Innovation und erhält später ein Produkt oder eine Erfahrung. Aufgrund der greifbaren Belohnungen (und sogar Emojis 😊) ist es bei Anfängern sehr beliebt.
Spezialisierte Crowdfunding-Nischen in der Schweiz
Einige Schweizer Plattformen konzentrieren sich auf sehr spezifische Themen:
Solar- und Ökostromprojekte haben Erfolg. Solarify (Bern) ist ein Paradebeispiel: Seit 2016 hat das Unternehmen 24 Millionen Franken durch den Kauf von Anteilen an Schweizer Solaranlagen eingesammelt. Das Unternehmen installiert Solaranlagen auf Bauernhöfen, Schulen und Unternehmen; die Investoren erhalten Erträge aus dem Stromverkauf. Die Crowd von Solarify hat über 35'000 Panels (14 MW) in 150 Projekten finanziert. Dieses "Panel-Miteigentumsmodell" wird als Impact Investing angepriesen: Die Geldgeber unterstützen die Energiewende und erhalten regelmäßige Auszahlungen.
Auch die Schweizer Kunstwelt macht sich Crowdfunding zunutze. Wemakeit veranstaltet regelmäßig Film-, Kunst- und Kulturprojekte, bei denen die Unterstützer statt eines Geldbetrags Drucke, Tickets oder DVDs erhalten. RMRK (Schweiz) ist eine aufstrebende Plattform, die Crowdfunding mit NFT-Sammlerstücken verbindet: Nutzer investieren in digitale Kunst oder Krypto-Token, die an Schweizer Künstler gebunden sind. Auch Sport- und Hobbyfans engagieren sich: CrowdSports (Zürich) beispielsweise ermöglicht es Fans, in lokale Sportvereine oder -veranstaltungen zu investieren, manchmal im Tausch gegen Erinnerungsstücke. Während traditionelle Kunstinvestitionen (Kauf von Gemälden) nicht über Crowdfunding getätigt werden, zeigen diese Nischenplattformen, wie Schweizer Crowds kreative Unternehmungen finanzieren können.
Jede spezialisierte Nische hat ihre eigene Gemeinschaft von Geldgebern. Einige Schweizer Crowdfunding-Veteranen empfehlen eine thematische Diversifizierung: Ein Kleinanleger könnte beispielsweise sein Geld zwischen einer Solarpanel-Aktie (Energie), einem kreativen Film (Vergütung) und einem Peer-Darlehen für ein KMU (Schulden) aufteilen. Indem sie diese Nischenplattformen erkunden, können Schweizer Investoren in Bereichen wie saubere Energie, Kultur oder Spezialprodukte sowohl Wirkung als auch Gewinn erzielen.